LAUF-UNIVERSUM BERLIN - Ja, wo laufen Sie denn?

Urban Running & Strava

SPORT NETZWERK

Strava
ist ein soziales Netzwerk zum Tracking sportlicher Aktivitäten mit dem Schwerpunkt auf Radfahren und Joggen. Betrieben wird es seit 2009 von Strava Inc. mit Sitz in San Francisco. Strava gibt an, dass 2017 mehr als 135 Millionen Läufe hochgeladen wurden. Die Mitgliedschaft bei Strava ist kostenlos, Zusatzangebote nicht.
Er ist einer der größten Sportvereine der Welt - jedenfalls in digitaler Variante. 28 Millionen Mitglieder aus 195 Ländern nutzen das Ausdauersport-Netzwerk Strava. Dabei laden Sportler Trainingsdaten per App oder Lauf-Computer hoch und tauschen sich so mit anderen Mitgliedern aus. Strava visualisiert diese Daten in sogenannten Heatmaps. Eine entfernte Galaxie? Nein! Unser Bild zeigt das Lauf-Universum Berlin als Heatmap, zusammengestellt aus Laufdaten: Leicht erkennbar sind die Umrisse der Metropole und die Konzentration der Läuferschar auf Mitte mit extrem frequentierten Strecken. Ganz nebenbei dokumentiert das Bild: Berlin ist ganz schön sportlich.

25 Berlin - Berlin läuft!

BERLINER LAUFEN WEITER

Laufdaten des Jahres 2017 aus Berlin, London und New York hat Strava ausgewertet. Die Grafiken zeigen durchschnittliche Laufdistanzen (1), Laufzeiten (2) und das Lauftempo (3) von Frauen und Männern im Vergleich.

Frauen
Männer

1
DISTANZ

Berlin
9,36 km
10,47 km

London
7,18 km
8,14 km

New York
8,34 km
8,99 km
2
ZEIT

Berlin
59 min 37 s
1 h 5 min 4 s

London
45 min 48 s
45 min 11 s

New York
50 min 12 s
49 min

3
TEMPO

Berlin
6:07 min/km
5:23 min/km

London
5:39 min/km
4:49 min/km

New York
5:41 min/km
5:13 min/km


HEATMAPS Strava
HEATMAPS Strava

HEATMAP TEMPELHOF

Zoom auf den ehemaligen Stadtflughafen: Die Strava-Heatmap (links) zeigt mit dem Tempelhofer Feld ein bei Sportlern sehr beliebtes Trainingsareal. Besonders die beiden ehemaligen Start- und Landebahnen werden als Laufstrecken genutzt: Diese Streckensegmente können Strava-Mitglieder nutzen, um Zeiten zu vergleichen und sich zu messen.



Urban fishing

PHILIPP BAAR hat schon eine Deutsche Meisterschaft im Halbmarathon gewonnen. Wenn er nicht arbeitet oder läuft, findet man ihn manchmal am Westhafen. Mit der Angel in der Hand

Woran erkennt man einen Spitzensportler? Ich treffe Philipp Baar am frühen Abend. Zwischen Job und Training nimmt er sich Zeit, um über seinen Sport zu reden. »Wir müssen schon ein größeres Pensum abliefern«, sagt Baar bescheiden. Größeres Pensum? Mindestens 150 Kilometer läuft der 25-Jährige in der Woche, steigert sein Programm auf 200 Kilometer, je nachdem, in welcher Phase der Wettkampfvorbereitung er sich gerade befindet. 
Baar ist Deutscher Halbmarathonmeister des Jahres 2017. In Hannover absolvierte er die gut 21 Kilometer in 64:57 Minuten. Eine Wahnsinnszeit! Jedenfalls aus der Sicht all jener, die sich wöchentlich in Parks und auf den Straßen Berlins fit halten, vergnügt joggen oder sich mitunter quälen, um bei Volksläufen oder Staffeln eine gute Figur abzugeben. Oder beim ersten Marathon des Lebens einfach nur ankommen wollen - vor dem Besenwagen.





Sportlich betrachtet ist Philipp Baar ein Profi. Sachlich korrekt ist die Bezeichnung nicht. Denn er verdient seinen Lebensunterhalt in einer Personalberatung. Immer auf dem Sprung zum nächsten Training: Morgens, mittags, abends. In Schwerin geboren, schließt er 2016 ein Wirtschaftsstudium in Texas (USA) mit dem MBA ab. Dort lernt er seine Frau kennen, heiratet, wohnt jetzt mit ihr in Moabit. »Der Berliner Winter ist nicht leicht für eine Amerikanerin aus Texas«, sagt Philipp. Aber jetzt kommt ja der Frühling.


Woran erkennt man einen Spitzensportler? »Mein großes Ziel für 2018 ist die Deutsche Marathonmeisterschaft in Düsseldorf.« Dort werden Ende April die Tickets für die Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin vergeben. »Ich fühle mich fit, will und kann das auch schaffen«, macht sich Philipp Mut. Denn die Hürde ist hoch: 2:17 Stunden ist die Norm, »aber man wird wohl noch etwas schneller laufen müssen, eher 2:16 oder sogar 2:15«. Es gibt sechs Plätze für deutsche Starter. Philipp will einen davon ergattern, um zum Finale des Marathons am 12. August im Olympiastadion über die Ziellinie zu laufen.

Das ist dann ganz sicher Spitzensport. Doch die Sportlerinnen und Sportler, die auf diesem Niveau laufen, sind anders als viele andere Topsportler. Nahbar, geerdet. Vielleicht liegt es daran, dass sie ihre Trainingsrunden neben den Freizeitjoggern absolvieren, dass sie zusammen mit allen anderen beim Berlin-Marathon auf dieselbe Ziellinie zusteuern. Oder daran, dass sie von Anfang an wissen: Mit diesem Sport wird man auch als Top-Läufer nicht reich. Nur wer es in die absolute nationale Spitze schafft, lange ein Teil der Weltelite ist, kann von den Einkünften gut leben. Jedenfalls eine Zeit lang.
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Bei zwölf vorwiegend langen Trainingseinheiten in der Woche ist der Körper in Dauerbeanspruchung. Aber Philipp Baar läuft immer noch, weil es ihm Spaß macht. Oft geht es vor der eigenen Haustür los, vorzugsweise am Saatwinkler Damm entlang und in den Volkspark Rehberge. Auch im Schlossgarten Charlottenburg oder Tiergarten dreht er seine Runden, gerne mit Laufkumpels. »Wenn wir uns morgens für 15 Kilometer verabreden, fällt mir das Aufstehen leichter.«

Viel Zeit bleibt nicht übrig für andere Dinge. »Ach ja«, sagt der Deutsche Halbmarathonmeister, »ich gehe gerne fischen.« Fischen? Mit Angel und so? »Ich habe seit meinem 10. Lebensjahr einen Angelschein. War damals mit dem Großvater unterwegs. Wer die Mecklenburgische Seenplatte vor sich hat, für den ist das ideal.« In Berlin funktioniert es am Westhafen ganz gut. »Urban fishing«, fügt Baar schmunzelnd hinzu. Und dann ist er ganz und gar mal kein Spitzensportler.


WORKOUT
SAATWINKLER DAMM

Von Moabit über Volkspark Rehberge und Saatwinkler Damm Richtung Jungfernheide.
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WORKOUT
ALT-MOABIT

Start an der Marshallbrücke, Spree entlang, Lutherbrücke, Paulstraße, Alt-Moabit und zurück.
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WORKOUT
TIERGARTEN

Nahe Schloss Bellevue im nördlichen Tiergarten trifft man Philipp Baar bei Tempoläufen.
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FOTOS Max Menning GRAFIKEN Strava

Richtig Austoben

SARAH COSTA kommt erst spät zum Laufsport. Sie verkörpert den modernen Freizeitsportler: Spaß an der Bewegung, Spaß an Wettbewerben, Spaß mit Gleichgesinnten

Ich dachte früher immer, dass Laufen kein Vergnügen sein kann«, sagt Sarah Costa. Früher, das ist für die 33-Jährige die Zeit vor 2014. Bis dahin schaut sie fast mitleidvoll auf die Jogger an der Spree. Dabei macht es Costa seit jeher viel Freude, draußen zu sein. Vorzugsweise mit dem Fahrrad. »Aber was tut man im Berliner Winter, vielleicht doch joggen?« Sie hat es ausprobiert.
»Mein erster Lauf in Spandau - ich bin einfach losgelaufen, hab mich drei Kilometer gequält, dann auf einer Parkbank eine lange Pause gemacht, dann drei Kilometer zurückgelaufen, ganz langsam, ich war total kaputt, aber nicht unzufrieden.« Damit beginnt für die Illustratorin, gebürtig aus Baden, eine Leidenschaft. Wer ihr auf 
Strava
 oder Instagram folgt (übrigens unter dem Namen »Choui Tastic«), wer ihr zuhört, wenn sie über die Freude am Laufen berichtet, der spürt, wie sehr sich ihr Leben verändert hat. »Ich bin zuerst regelmäßig sonntags gelaufen, meistens allein, habe neue Strecken ausprobiert.« Sie sucht im Netz nach Laufwegen, folgt Empfehlungen von Gleichgesinnten. »Eigentlich sind mir Zeiten egal, aber manchmal messe ich mich auf festgelegten Streckenabschnitten über Strava mit anderen.«

Langsam steigert sie sich auf drei Läufe in der Woche, nimmt am Nike-Lauftreff teil als »coole Alternative zum Verein«. Erster Wettbewerb ist der Pankower Pfannkuchenlauf, 2016 folgt der erste Marathon in Berlin in 4:55 Stunden. Jetzt läuft Costa manchmal 50 Kilometer in der Woche, plant für April den Spreewaldmarathon in zwei Teilen. Außerdem ist für die Zukunft ein Ultra-Lauf vorgesehen. Das könnte zum Beispiel der Hartfüssler-Trail im Saarland über 58 Kilometer sein.

Von 0 auf 58 Kilometer in nur vier Jahren? »Für mich ist das alles ganz natürlich, da ich zwar besser werden will, aber nicht um jeden Preis.« Die Trainings, oft an der Spree, sind Alltagsfreuden für Sarah Costa, die seit 2010 in Spandau lebt. Eine ihrer Lieblingsstrecken: Im Prinzip von Mitte bis nach Spandau. »Ich nenne es Sight-Running, weil man an vielen Sehenswürdigkeiten vorbeikommt.« Und eine Alternative im Grünen? »Start am S-Bahnhof Heerstraße, dann zum Drachen- und Teufelsberg.« Einmal wieder richtig Austoben.

Sarahs Lieblingsstrecken mit der Strava-App

WORKOUT
TEUFELSBERG

Vom S-Bahnhof Heerstraße über Drachen- und Teufelsberg zurück Richtung Spandau.
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WORKOUT
SPREE UND HAVEL

Von der East Side Gallery über die Museumsinsel – weiter an der Spree entlang bis zur Havel.
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Die Beiträge erscheinen mit finanzieller Unterstützung von Strava
FOTO privat GRAFIKEN Strava

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