KRAFT RUNNERS - Kreisverkehr auf dem Schwedter Steg

Mit den KRAFT RUNNERS unterwegs in Prenzlauer Berg: Power-Intervall-Training in der Gruppe

Es ist nicht kalt, es ist eisig. Treffpunkt Cafe Kraft, Schivelbeiner / Ecke Malmöer, Prenzlauer Berg, Anfang Februar. Knapp 50 Frauen und Männer bibbern vor dem Cafe und warten auf das Startsignal. Kurze Einweisung, dann legt die Gruppe um 19 Uhr los. Um die 30 Jahre jung sind die meisten. Erst geht’s eine Meile bis zum Aldi-Parkplatz, moderates Tempo. Dann Power-Aufwärmtraining.
SCC EVENTS GmbH
Treffpunkt für die Läuferschar: dienstags, 19 Uhr, vor dem Cafe Kraft
Treffpunkt für die Läuferschar: dienstags, 19 Uhr, vor dem Cafe Kraft
»Wir machen keine fünf oder zehn Kilometer- Läufe,«, sagt Eugen Fink. Der 29-Jährige ist Mitbegründer der Laufgruppe Kraft Runners. »Längere Läufe macht man eher allein oder zu zweit. Für Intervalle braucht man eine Motivation - und die gibt’s bei uns.« Kurzes, knackiges Training, das Spaß macht. Es ist intensiv und geht schnell vorbei. »Und bringt mehr als fünf Kilometer zu joggen«, findet Fink.

Eine Brücke ist das Laufstadion der Kraft Runners. Nicht irgendeine Brücke: Es ist der Schwedter Steg, eine sogenannte unechte Bogenbrücke, für Fußgänger und Fahrradfahrer errichtet. Sie verbindet die Behmstraße mit der Kopenhagener Straße. Diese markante Brücke wurde kurz vor der Jahrtausendwende fertiggestellt. Der Steg ist auch ein Abschnitt des Berlin-Kopenhagener Fernradweges und des Mauerweges. Die beiden Stahlbögen mit Zugband und Tragbalken überspannen die Gleise des Nordrings.

»DIE BRIDGESPRINTS SIND ESSENTIELL UND MACHEN WIR MINDESTENS EINMAL IM MONAT«
Eugen (29)
Sport, Event, Spaß: Für die Kraft Runners gehört alles zusammen
Sport, Event, Spaß: Für die Kraft Runners gehört alles zusammen
Jetzt geht es zur Sache. Dehnen, springen, Achillesverse belasten - vermutlich liegt es an der Kälte, dass die Gruppe schon beim Aufwärmen alles gibt. Trotz bevorstehender Intervalle, die wie in einem ovalen Dauerkreisverkehr auf dem Schwedter Steg absolviert werden. »Diese Bridge-Sprints sind essentiell, machen wir mindestens einmal im Monat«, sagt Fink, dann streuen wir immer mal wieder neue Sachen ein.« Im Sommer sind das Treppenläufe im Volkspark Humboldthain.

Jetzt also Intervalle: Erst sechs Sprints über je 50 Meter, kurze Gehpausen oder Laufen im Trab, dann je sechs Sprints über 100 und 200 Meter. Es sind echte Tempoläufe, aber trotzdem kann man sich in den Phasen mit geringem Speed erholen. Und letztlich läuft jeder so, wie er es braucht und kann. Das ist der Vorteil: In der Gruppe unterwegs und doch läuft jeder für sich. Die Kraft Runners bleiben zusammen, verlassen die Brücke für eine halbe Stunde nicht. Simon Reindl (30) macht seit knapp einem Jahr mit. »Es ist wirklich ein cooles Event. Man trifft immer wieder bekannte Gesichter. Im Sommer sind hier am Dienstagabend auch schon mal 80 Leute am Start.«
KRAFT RUNNERS Kreisverkehr auf dem Schwedter Steg Image 2
Seit Beginn dabei ist Marco Prüfer (29), Inhaber vom Cafe Kraft, das er vor rund vier Jahren als waschechter Berliner aus Spandau in Prenzlauer Berg eröffnet. »Die Gegend, die Nachbarschaft, der Kiez haben mich angezogen.« Der Laden war zu mieten. »Ich habe mich in die Räume, die Fenster und den Platz davor verliebt.« Prüfer ist gelernter Betriebswirt (BWL), damals mit einem festen Job als Junior-Produktmanager im Marketing. »Mein Spleen ist, mir eigene Sachen auszudenken.« Gute Produkte wie Wein, Speisen, Kaffee oder Restaurants interessieren ihn. Also will er mit »Kaffeekultur« einen Platz schaffen, der mehr ist als Kaffee und Kuchen. Vielleicht auch ein Treffpunkt für kreative, junge und sportliche Leute.

Ist das Konzept aufgegangen? Das Cafe ist klein. »Wir bauen gerade um, sind als Imbiss angemeldet und bekommen nach vier Jahren nun Toiletten dazu.« Auch für das Cafe Kraft 2.0 liegen die Pläne in der Schublade: Toiletten mit Duschen und Umkleiden sind die nächste Investition von Prüfer. »Im Januar habe ich in Kreuzberg einen zweiten Laden aufgemacht, das 2000, eine Kaffeekantine innerhalb der Flying Steps Academy in der Kreuzberger Lobeckstraße. Ein Shop-in-Shop-Cafe in der Tanzschule, die sich »größte urbane Tanzschule Deutschlands« nennt mit 1000 Mitgliedern. »Ich bin Betreiber und Geschäftsführer des Kaffees – und da gibt es auch schon Duschen.«

»DIE LEUTE FINDEN UNSEREN LIFESTYLE, DEN WIR LEBEN, EINFACH COOL«
Marco (29)
Heimat der Kraft Runners ist der Kiez um den S-Bahnhof Gesundbrunnen.
Heimat der Kraft Runners ist der Kiez um den S-Bahnhof Gesundbrunnen.
Nach einer Stunde trudelt die Laufgruppe mehr oder weniger erschöpft vor dem Cafe Kraft ein. Aufgrund der Kälte zieht es alle schnell ins Warme, dort kann man sich umziehen, ein bisschen quatschen. Im Sommer spielt sich die After-Run-Party auf dem kleinen Platz vor dem Cafe ab – auch schon mal bis in die Nachtstunden.

»Ich bin Fußballer, hatte dann aber eine Leistenverletzung, bin nur ein paar Mal im Jahr gelaufen.« Dann folgt eine Zeit in der Nike-Laufgruppe. Marco Prüfer und Eugen Fink wollen es selber machen, gründen zusammen die private Laufgruppe Kraft Runners. »Eigentlich aus dem Drang heraus, privat zu laufen und zusammen für den Marathon zu trainieren.« Das ist noch gar nicht so lange her. »Kaffee und Laufgruppe sind losgelöst voneinander entstanden.« Man trifft sich oft am Cafe Kraft, um von hier aus für den Marathon zu trainieren. »Dann hatten wir einige doofe Namensideen, zum Glück heißen wir jetzt Kraft Runners.«
Ob im Winter oder Sommer: Der Schwedter Steg ist das Stadion der Kraft Runners
Ob im Winter oder Sommer: Der Schwedter Steg ist das Stadion der Kraft Runners
Alles nur zum Spaß oder steckt eine größere Geschäftsidee dahinter? »Wir verkaufen die ersten Pullys und T-Shirts, sehen es nicht nur als Laufmarke oder Laufgruppe, sondern als Lebenseinstellung. Wir machen Partys, die Leute finden unseren Lifestyle, den wir leben, cool und kaufen jetzt unsere Kleidungsstücke dazu.«

Entspannt schauen die insgesamt zwölf Initiatoren der Idee in die Zukunft. »Wir entscheiden und organisieren alles zusammen, laden Leute ein, mit uns zu trainieren. Irgendwie sind wir schon eine Company und das Cafe Kraft ist unser Hub.« Jeden Dienstag, außer an Weihnachten, immer für eine Stunde.
Andreas Mühl
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FOTOS Andreas Mühl, Max Menning

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